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Pränatale Testung – Guidelines und Testgenauigkeit


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In der Schwangerschaftsbetreuung unterscheidet man zwischen pränatalem Screening und pränataler Diagnostik.

Das pränatale Screening umfasst Basisuntersuchungen zur Entwicklung des Fetus und zur Gesundheit der Mutter und besteht in erster Linie aus Ultraschalluntersuchungen und Blutuntersuchungen der Mutter. Pränatale Diagnostik umfasst weiterführende bildgebende sowie genetische Diagnostik. Die Grenzen zwischen Screening und Diagnostik sind unscharf.

Das Risiko für eine intakte Schwangerschaft mit einem Fetus mit Chromosomenanomalie wird mit etwa 1:1000 beziffert. Als “Hochrisiko” wird in den meisten Studien eine Wahrscheinlichkeit von 1:300 angenommen.

Der NIPT (nicht-invasiver pränataler Test) ist ein Test, der aus der fetalen DNA, die im mütterlichen Blut in geringer Menge während der Schwangerschaft vorhanden ist, Informationen zu Chromosomenanomalien generiert. Die Alternativen des NIPT sind Ultraschall und der Combined- oder Triple Test, bei dem jeweils die Nackenfaltenmessung im Ultraschall mit dem mütterlichen Alter, dem Alpha-Fetoprotein A und dem Beta-HCG zu einer kumulierten Wahrscheinlichkeit für ein Risiko der fetalen Aneuploidie kombiniert werden.

Bei allen nicht-invasiven Tests ist das gemeinsame Ziel die Vermeidung von invasiven Untersuchungen (also z.B. Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie) durch Vorselektion der sicher oder wahrscheinlich negativen Fälle.

Die Fragestellung dieses Berichts ist, Empfehlungen zur Untersuchung bei Schwangeren auf Chromosomenanomalien des Fetus aus internationalen und nationalen Leitlinien zum nicht-invasiven pränatalen Screening zu recherchieren, sowie Aussagen zur Wirksamkeit des zellfreien fetalen DNA Tests aus mütterlichem Blut (NIPT).

 

Es wurde eine Übersichtsarbeit erstellt, da derzeit im Rahmen des Europäischen Netzwerks für HTA (EUNetHTA) eine Bearbeitung des Themas erfolgt. Von jenem EUnetHTA Bericht ist eine detailliertere Information zum NIPT zu erwarten.

Es wurde eine systematische Suche nach Guidelines in G-I-N, AWMF, SIGN (jeweils keine Ergebnisse), und in Google (ein Ergebnis mit 15 Leitlinien) durchgeführt, sowie eine Suche in der Cochrane Database nach systematischen Übersichtsarbeiten (5 Ergebnisse, 1 davon ein Protokoll), sowie eine Suche in Pubmed.

 

Ergebnisse

Die Aussagen von 15 Leitlinien und die Ergebnisse zur Testgenauigkeit aus 7 Übersichtsarbeiten werden zusammengefasst berichtet.

Die wenig konkreten Empfehlungen in den inkludierten Leitlinien sind mehrheitlich auf Expertenkonsensus basierend und beziehen sich vorwiegend auf die Art der Durchführung bestimmter Untersuchungen und nicht auf deren Genauigkeit.

Der NIPT zeigt Sensitivitätswerte von 90,2-99,8% bei Spezifitätswerten von 98,4-99,9%  und hat damit im Vergleich zum Combined Test im ersten Trimester (Sensitivitätswerte von 25 bis 76%, Falsch-Positivraten von 5-7%, Combined Test 1. Trimester) und dem Combined Test im zweiten Trimester (Sensitivitätswerte von 41,9 bis 88,9%, Falsch-Positivraten von 2,1-8,5%, Combined Test 2. Trimester) eine bessere Testgenauigkeit.

 

Kostenerstattung

Das Screening auf Down Syndrom wird in Europa sehr unterschiedlich gehandhabt bzw. erstattet. Genetisches Testen ist überall außer in Malta bei bestimmten festgelegten Indikationen möglich. Ultraschallscreening auf strukturelle Anomalien wird überall angeboten.

 

Diskussion

Der NIPT zeigt eine bessere Performance als der Combined Test, wobei ein Selektionsbias hin zu Hochrisikopopulationen für beide Testarten in gleicher Form angenommen werden kann.

Vier Kosteneffektivitätsstudien aus den USA, Belgien und den Niederlanden zeigen eine starke Abhängigkeit von der Art des Einsatzes (als first- oder second-line Option). Ein Kosten-Nutzen-Vergleich zwischen  NIPT und Combined Test wurde nicht gefunden.

Aus den Testgenauigkeitsergebnissen wurde ein Modellansatz entwickelt. (Kapitel 7.3)

Für eine Strategie zum Einsatz und zur Kostenerstattung von pränatalen Tests auf Chromosomenanomalien ist ein nationaler Konsens zum diagnostischen Ablauf und zu ethischen Aspekten erforderlich. Beim Einsatz als primärer Screeningtest sind zusätzlich die Kosten des NIPT oder des Combined Test abzuwägen.

Derzeit wird der NIPT nicht als Screeningtest empfohlen. Hintergrund ist, dass der NIPT davon abhängig ist, ob und wie viel fetale DNA im mütterlichen Blut testbar ist, sowie eine bessere Performance bei männlichen Feten zeigt (möglicherweise durch die bessere Abgrenzung von der mütterlichen DNA). Er bietet daher nicht die Sicherheit eines Karyotyping und kann nicht stattdessen eingesetzt werden.

 

Zuletzt aktualisiert am 30. August 2023